Stille am Holmenkollen

Als ich bereits vor dem Wecker die Augen aufschlug war sofort klar, heute ist ein Reisetag. Da war sie, diese gelassene Grundstimmung, die ich immer dann verspüre, wenn ich einen Rucksack schultere und aufbreche. Da ich mein linkes Sprunggelenk noch schonen musste, war ich somit inklusive Krücken unterwegs. Meine Sachen waren teilweise schon am Ziel oder in den Taschen meiner Reisebegleitungen verstaut – ich war startklar.

Am Flughafen durfte ich zunächst wegen der Krücken durch diverse Sondertüren schreiten. Der Körperscanner, in dem man breitbeinig stehen sollte, wollte jedoch kein Bild machen, solange ich die Gehhilfen in den Händen hielt. Aufrecht und ruhig stehen für Fortgeschrittene. Anschließend saß ich auf einem Schemel an der Seite, da meine Krücken natürlich ebenfalls noch durchleuchtet werden mussten. Danach war es geschafft und am Gate wartete eine kleine Überraschung auf mich. Aufgrund der Verletzung durfte ich als erste in den Flieger. Also krückte ich gemeinsam mit meiner besten Freundin Pati los und wir hatten für einen klitzekleinen Moment den ganzen Flieger für uns. Oslo here we go!

Weltcupwochenende – Zuschauer mussten draußen bleiben

Grund für unsere Reise war das Skilanglauf Weltcup-Wochenende am Holmenkollen. Als ehemalige Skilangläuferin, war es schon immer ein großer Traum, einmal dort dabei zu sein, wenn die traditionellen Rennen über die lange Strecke gestartet werden.

Noch vor Abflug erhielten wir die Information, dass Zuschauer im Stadion am berühmten Holmenkollenfestival aufgrund des Corona Virus leider nicht erlaubt sein werden. Das hatten wir uns anders vorgestellt, aber sofort war auch klar: Schön ist, was wir daraus machen.

Da Andrej beruflich mit dem Skilanglaufweltcup reist, hatte jeder von uns eine Startnummer und einem Besuch stand nichts im Wege. Nur die herausragende Stimmung, die hier immer an den Wettkampftagen herrscht, die sollten wir leider nicht ganz erleben.

Nach einem entspannten Start in den Tag machten wir uns gleich anschließend auf den Weg zu Andrej ins Stadion. Es war schon sehr beeindruckend, als wir uns erst die Straße hinauf zum Holmenkollen schlängelten, dann unter der Schanze hindurchfuhren und anschließend einen ersten Blick in das große Stadion geworfen haben.

Da liefen die Besten der Besten auf den Skilanglaufski und bereiteten sich auf das Rennen vor oder absolvierten noch ein lockeres Training. Da stand ich, direkt an der Loipe, mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht und endlich da, wo ich bereits als kleines Mädchen einmal stehen wollte. Auch wenn ich in meinen Träumen damals keine Krücken und ein kaputtes Sprunggelenk hatte, war es ein sehr schönes Gefühl.

Natürlich war es irgendwie auch unheimlich bei einem so traditionellen Rennen in einem einsamen Stadion zu stehen. Die Athletinnen und Athleten bereiteten sich auf einen Weltcupstart vor, liefen nach vorn zur Startaufstellung und während ich sie dabei ganz gebannt beobachtete, hörte man kaum ein Geräusch. Plötzlich fiel der Startschuss, das Feld setzte sich in Bewegung, aber niemand klatschte, niemand jubelte… gespenstisch.

Die Fans ließen es sich jedoch nicht nehmen in den Wald zu ziehen und dort im Schnee sitzend die Rennen zu verfolgen. Trotz der eingeschränkten Situation herrschte dort Volksfeststimmung und die Sportler und Sportlerinnen bekamen draußen auf der Strecke ihren Applaus, wenn schon auf der Ziellinie niemand mit ihnen den Erfolg feierte.

Oslo – für uns eine Mischung aus Freunschaft, Sport und Kultur

Neben den Weltcuprennen über 30 km und 50 km, bei denen ich einmal mehr staunte, was man alles aus einem Körper herausholen kann, genossen wir das Rundherum hinter den Kulissen. Die Servicetechniker der Nationen, Trainer und Betreuer und ihre Wege… angespannt, emsig, kooridniert und fokussiert. Die Ränge im Stadion waren leer, vor lauter Nebel konnten wir stellenweise kaum die Loipe sehen und es regnete zu allem Übel auch noch. Man hätten den Kopf hängen lassen könnte, aber wir genossen die gemeinsame Zeit an diesem besonderen Ort.

Neben dem Sport haben wir natürlich auf unserer Stippvisite auch den Oslo-Hotspots einen Besuch abgestattet. Auf dem Opernhaus stehend, ließen wir unseren Blick über die Stadt und bis hinauf zum Holmenkollen schweifen. Dabei schlich sich auch irgendwie das Gefühl ein, wir würden auf einem Eisberg im Wasser treiben. Verrückt.

Der Bezirk Aker Brygge lud uns trotz Schmuddelwetter zum Schlendern ein. Bars, Restaurants und Geschäfte im Stil der alten Werften. Wir waren begeistert und haben letztendlich am kleinen Uhrenturm direkt am Meer festgestellt, dass die Zeit wohl gerannt ist.

Stippvisite in Skandinavien

3 Nächte in Oslo, kurz und knapp, aber defintiv klein und fein! Wir mischten in dieses Wochenende verschiedene Facetten: Einer von uns hat gearbeitet und hatte dabei Gäste. Einer von uns hat sich einen Traum erfüllt und alle waren wir gemeinsam mit Freunden auf Reisen.

Lange hatte ich die Loipen vom Holmekollen im Blick. Mein Skiläuferherz hat an diesem Wochenende freudig gepuckert. Ich hatte Gänsehaut, ich war happy und ich habe erlebt. Oslo ist eine Reise wert, erst recht mit Freunden an Deiner Seite.